Seit nunmehr 25 Jahren organisiert Willi Horatschek, Ehrenobmann des Schiclubs Bregenz, den Internationalen Raiffeisen Pfänderlauf. Als wir den rüstigen 78-Jährigen zum Interview treffen, lernen wir nicht nur einen begeisterten Sportler, sondern auch einen echten Bregenz-Liebhaber kennen.

STEILE IDEE

„Eigentlich suchte ich aus Mangel an Schnee zusammen mit Ernst Schlegel und Anton Riedmann nach einer sportlichen Alternative zum damaligen Abfahrtslauf“, erzählt Horatschek über die anfängliche Idee. Nach einiger Überlegung war die passende Herausforderung gefunden. Es sollte ein Lauf sein, der an der Talstation der Pfänderbahn startet und über das berüchtigte Gschlief zur Bergstation auf 1020 Meter Seehöhe führt. Dabei gilt es eine Distanz von 3550 Metern und 605 Höhenmeter zu überwinden. Das anspruchsvolle Streckenprofil lockt seitdem nicht nur österreichische Spitzenläufer, sondern Profis aus aller Herren Länder an den Berg am Bodensee. Natürlich finden neben der Elite auch zahlreiche Hobbysportler und Familien Gefallen an dieser steilen Strecke. Im Durchschnitt starten jedes Jahr rund 120 begeisterte Läuferinnen und Läufer. Wer sich bis ins Ziel durchkämpft, den erwartet die verdiente Belohnung in Form von Grillwürstchen und Getränken – und was macht man nicht alles für eine anständige Jause? Nach dem Rennen geht es zur Entlastung der Beine und des Portemonnaies kostenlos mit der Pfänderbahn wieder ins Tal. „Es ist zwar nicht der längste, mit Sicherheit aber einer der schönsten Bergläufe Österreichs“, ist der Organisator überzeugt. Ebenfalls ein Highlight ist der Panto Outdoor Kinder-Pfänderlauf, der heuer bereits zum vierten Mal stattfindet. Alle jungen Sportler im Alter von fünf bis zwölf können daran teilnehmen und ihrer Energie auf kurzer Strecke freien Lauf lassen.

Mann beim Startschuss im Hintergrund Läufer Mann beim Startschuss im Hintergrund Läufer

LAUFEND NEUE FREUNDE

Besonders stolz ist Willi Horatschek auf die freundschaftlichen Verbindungen, die sich im Laufe der Jahre durch den Pfänderlauf ergeben haben. So finden sich unter den Startern Kaliber wie die Südpolbezwinger und Buchautoren Hans Müller und Markus Raser. Die fünfmalige Berglauf-Weltmeisterin Marie-Luise Heilig-Duventäster und der österreichische Berglaufpräsident Franz Puckl geben sich ebenfalls jedes Jahr in Bregenz die Ehre. Sie alle laufen übrigens zu den allgemeinen Siegerprämien. Extrawürstchen gibt es wie gesagt nur auf dem Grill der Bergstation. Trotz Freundschaft schenken sich die Teilnehmer beim Pfänderlauf nichts. Die Herren Keckeis und Felder kämpften einmal so verbissen um den Sieg, dass sie auf die Zehntelsekunde (!) genau zeitgleich ins Ziel kamen. Während der eine seine langen Haxen vorstreckte, hielt der andere im Tiefflug seinen Kopf hin. Das Zielfoto fiel entsprechend komisch aus. Trotz Verrenkungen hält den Streckenrekord ein anderer. Der US-amerikanische Profibergläufer Joseph Gray istmit seiner Zeit von 20:46,77 Minuten nicht zu toppen. „Wenn ich gut drauf bin, laufe ich da in 45 Minuten hoch!“, grinst Willi Horatschek und erzählt uns ein wenig mehr über die erste Begegnung mit dem amerikanischen Athleten.

Eine Gruppe Läufer wärend dem Lauf Eine Gruppe Läufer wärend dem Lauf

NEED FOR SPEED

„Als ich Joseph Gray 2009 zum ersten Mal die Strecke zeigte, bildete ich mir ein, ich kann anfangs mit dem Fahrrad neben ihm herfahren. Als es steil wurde, gab ich ihm jedoch bald keuchend den Rat, er solle sich einfach links halten und ließ ihn ziehen.“ So wurde der Profi aus Übersee in den heimischen Wald am Bodensee entlassen, in der Hoffnung, er möge sich nicht verlaufen. Dass ein Weltmeister im Berglauf im Alltag etwas andere Gewohnheiten pflegt als ein normalsterblicher Hobbyjogger, zeigt folgende Anekdote von Horatschek: „Meine Frau und ich haben Joseph mit ein paar Freunden zum Pizzaessen bei uns zu Hause eingeladen. Es war ein toller Abend und wir hatten es noch lustig bis spät in die Nacht. Morgens um vier entschied sich unser amerikanischer Gast dann, ins Hotel zurückzugehen. Wir dachten, er wäre müde, wie wir alle. Doch Joseph zog sich seine Sportklamotten an und lief kurz entschlossen nach St. Margrethen und wieder retour. Da sieht man, was die Pizza meiner Frau ausmacht!“ Ein kurzes Statement oder Bilder bekommt man von Joseph Gray vor dem Start des Pfänderlaufs übrigens nicht. Doch das hat weniger mit Überheblichkeit als mit Tatendrang zu tun. Vor dem Rennen läuft er nämlich immer an der Pipeline entlang nach Lochau und wieder zurück ... um sich aufzuwärmen! Im Gespräch über die Freundschaften und Geschehnisse rund um den Pfänderlauf könnten wir Willi Horatschek noch lange zuhören. So erfahren wir im Interview unter anderem, dass sein vierjähriger Enkel auch schon selbstständig die gesamte Strecke gelaufen ist. Der Opa selbst bezwingt seit Jahren jeden Dienstag mit Freunden den Hausberg und im Rom-Urlaub musste wegen Willi schon mal das Bombenkommando anrücken. Aber die Geschichte über den vergessenen Rucksack erzählen wir ein anderes Mal ...

Drei Läufer im Wald Drei Läufer im Wald

BREGENZERLEBEN 2019

Text: Dominic Schedler

Fotos: Studio Fasching

Dieser Artikel ist mit der freundlichen Unterstützung von der Raiffeisenbank Bregenz enstanden. Vielen Dank!